EU Listing Act beschlossen - EU Listing Act adopted

Nachdem am 1. Februar 2024 bereits eine politische Einigung im Trilog erzielt worden war, hat der AStV des Rates dem Gesetzespaket zum EU Listing Act am 14. Februar 2024 offiziell zugestimmt.

Ziel des EU Listing Act ist es, die Kapitalmärkte für EU-Unternehmen attraktiver zu machen und den Kapitalzugang zu erleichtern. Die Kommission hatte hierzu bereits 2021 Konsultationen durchgeführt und dann am 7. Dezember 2022 ein Paket von Gesetzesvorschlägen präsentiert.

Kernpunkte des nun verabschiedeten Gesetzespakets zum EU Listing Act, das aus einer Verordnung und zwei Richtlinien besteht, sind:

1.    Reform der MAR
Künftig wird im Falle von Zwischenschritten in einem zeitlich gestreckten Vorgang keine Ad-hoc-Publizitätspflicht mehr besteht. Das Insiderhandelsverbot wird hingegen weiterhin auch durch Zwischenschritte in einem zeitlich gestreckten Vorgang ausgelöst. Diese Entkoppelung von Ad-hoc-Publizität und Insiderrecht bedeutet einen grundlegenden Paradigmenwechsel.
Um mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten, wird die Kommission ermächtigt, eine (nicht erschöpfende) Liste von letzten Ereignissen in zeitlich gestreckten Vorgängen festzulegen, die die Ad-hoc-Publizitätspflicht auslösen.
Zu den weiteren Neuerungen gehören eine Präzisierung der Kriterien für den Aufschub der Offenlegung von Insiderinformationen sowie eine Anhebung der Schwelle für directors‘ dealings von 5.000 € auf 20.000 €.

2.    Erleichterungen im Prospektrecht
Um die Prospekterstellung für Emittenten einfacher und kostengünstiger zu gestalten, gleichzeitig aber einen hinreichenden Anlegerschutz zu gewährleisten, sind u.a. neue Ausnahmen sowie ein stärker standardisierter und gestraffter Prospekt für Erstemissionen vorgesehen. Zudem wird es einen neuen „EU-Folgeprospekt“ („EU Follow-on prospectus“) und einen „EU Growth issuance prospectus“ geben, der den bisherigen EU-Wachstumsprospekt ersetzt.

3.    Neuerungen in der MiFID II
Zu den Änderungen an der MiFID II gehören eine Reform der „unbundling rules“ für Investmentanalysen sowie Änderungen des Rechtsrahmens für KMU-Wachstumsmärkte.

4.    Aufhebung der Listing Directive
Die Listing Directive, eines der „Urgesteine“ des Europäischen Kapitalmarktrechts, wird aufgehoben. Die wenigen noch als relevant erachteten Bestimmungen (insbesondere die vorhersehbare Marktkapitalisierung sowie Mindestanforderungen an den Streubesitz) werden – in modifizierter Form – in die MiFID II übernommen. Damit entfallen künftig auch die bislang bestehenden Unklarheiten über das genaue Zusammenspiel von MiFID II und Listing Directive.

5.    Mehrstimmrechte-RL
Beschlossen wurde am Ende auch die bis zuletzt äußerst kontrovers diskutierte Mehrstimmrechte-RL. Ihr Anwendungsbereich wurde gegenüber dem Kommissionsentwurf erweitert und erfasst nun nicht mehr nur KMU, die zum ersten Mal eine Zulassung an einem KMU-Wachstumsmarkt anstreben, sondern auch solche, die eine Zulassung an einem anderen MTF anstreben.
Anpassungen gab es aber auch bezüglich der Regelungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre: Die Schaffung von Mehrstimmrechten bedarf mindestens einer qualifizierten Mehrheit. Zudem müssen die Mitgliedstaaten entweder (i) eine Begrenzung des Stimmgewichts vorsehen oder (ii) verlangen, dass Beschlüsse, die nach nationalem Recht einer qualifizierten Stimmenmehrheit bedürfen, entweder einer qualifizierten Stimmen- und Kapitalmehrheit oder einer qualifizierten Stimmenmehrheit und eines Beschlusses in jeder betroffenen Gattung bedürfen. Weitergehende Schutzvorschriften (z.B. sunset clauses) sind ausdrücklich gestattet, aber nicht zwingend. Darüber hinaus gibt es Vorgaben zur Transparenz von Mehrstimmrechten.

Das Listing Act Package muss nun noch offiziell vom Rat und anschließend vom Europäischen Parlament beschlossen werden; dies dürfte hier aber tatsächlich nur „Formsache“ sein (und nicht – wie aktuell bei der CSDDD – zu einer „Hängepartie“ werden).
Der Listing Act bringt einige wichtige Neuerungen. Um die europäischen Kapitalmärkte wirklich attraktiver zu machen, bedürfte es aber noch wesentlich grundlegenderer Reformen.

 

Prof. Dr. Jessica Schmidt, LL.M.

After a political agreement had already been reached in the trilogue on 1 February 2024, the Council officially approved the legislative package on the EU Listing Act on 14 February 2024.

The aim of the EU Listing Act is to make capital markets more attractive for EU companies and to facilitate access to capital. The Commission had already carried out consultations on this in 2021 and then presented a package of legislative proposals on 7 December 2022.

The key points of the now adopted legislative package for the EU Listing Act, which consists of a regulation and two directives, are:

1.    Reform of the MAR
Ad hoc disclosure will no longer be required for intermediate steps in a protracted process. By contrast, the prohibition of insider dealing will continue to be triggered also by an intermediate step in a protracted process. This decoupling of ad hoc disclosure and insider trading prohibition represents a fundamental paradigm shift.
In the interest of greater legal certainty, the Commission is empowered to adopt a (non-exhaustive) list of final events in protracted processes which trigger the ad hoc disclosure obligation.
Other changes include a clarification of the criteria for delaying disclosure and an increase of the threshold for directors' dealings from 5000 € to 20000 €.

2.    Simplifications in prospectus law
In order to make the preparation of a prospectus easier and cheaper for issuers, while at the same time ensuring sufficient investor protection, there are new exemptions and a more standardised and streamlined prospectus for initial issuances. In addition, there will be a new "EU Follow-on prospectus" and an "EU Growth issuance prospectus", which will replace the previous EU Growth Prospectus.

3.    Innovations in MiFID II
Changes to MiFID II include a reform of the unbundling rules for investment research and changes to the regulatory framework for SME growth markets.

4.    Repeal of the Listing Directive
The Listing Directive, one of the "bedrocks" of European capital market law, will be repealed. The few provisions that are still considered relevant (in particular the foreseeable market capitalisation and minimum free float requirements) will be incorporated into MiFID II – albeit in a modified form. This will also eliminate the existing ambiguities about the exact interplay between MiFID II and the Listing Directive.

5.    MVR Directive
After the extremely controversial discussions, the directive on multiple-vote share structures, was also adopted in the end. Its scope has been extended compared to the Commission's proposal and now covers not only SMEs seeking admission to an SME growth market for the first time, but also those seeking admission to a “regular” MTF.
However, there have also been adjustments to the provisions for the protection of minority shareholders: the creation of multiple voting rights requires at least a qualified majority. In addition, Member States must either (i) provide for a maximum voting ratio or (ii) require that decisions subject to a qualified majority of the votes cast under national law require either a qualified majority of the votes and of the capital represented or a qualified majority of the votes and a separate vote in each affected class. Further protective provisions (e.g. sunset clauses) are expressly permitted, but not mandatory. In addition, there are transparency requirements.

The Listing Act Package now still has to be formally adopted by the Council and then by the European Parliament; however, this should actually only be a "formality" (and not lead to a deadlock like currently with the CSDDD).
The Listing Act brings some important reforms. However, in order to make European capital markets truly more attractive, much more fundamental reforms would be needed.